Bettina Dorn: Gedanken zur Inszenierung:
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Helen, die ihre Gegenwart nur mit Anstrengung managen kann, wird von der Wucht ihrer ungelebten Geschichte überrumpelt. Schmerzhaft wird ihr klar, dass die vertrauensvoll zu Hause gelassene Möglichkeit: -Ich könnte das auch alles ganz anders machen-, mit einem Schlag unbarmherzige Historie ist. Alle schon lang verlorenen Dinge, die - zurückgelassen - scheinbar auf sie warteten, werden greifbar.
Lena fordert, mit ihrer Lebensgeschichte in einem erstickend engem Leben für und mit der Familie, endlich ihre Chance, ihr Leben selbst gestalten zu können, ein. Sie hat aber keine Möglichkeit gehabt, konkrete Vorstellungen für ein eigenes Leben zu sammeln. Unter ihrem Mut, alles hinter sich zu lassen, sitzt ein Brunnen der Angst und die Forderung, dass nun ein anderer für sie ihr neues Leben regelt.
Katja nimmt ihre Chance wahr, sich von der Enge der Familiengeschichte zu befreien, und lässt nur begrenzt zu, dass die anderen in ihrer Geschichte weiter mitspielen werden…Ihr desillusionierter Blick auf die Gesellschaft überträgt sich nicht auf ihren Traum, alles verlassen und ganz neu anfangen zu können…
Axel vermeidet jede Art von Bindung oder Verbindlichkeit. Er versucht, keine Geschichte zu bekommen, um nicht eines Tages dafür verantwortlich sein zu müssen.
Erich, der seit Jahren versucht, seine Geschichte zu ertränken, ist sich bewusst, dass er sich nicht von ihr befreien kann. Inmitten der Sehnsucht nach einem Neuanfang wählt er die für ihn sichtbare Lösung.

(…)
Schon zu Beginn des Stückes sind die Spielregeln/Abmachungen zwischen den Charakteren (Helen und Erich) in Frage gestellt. Auch Helens Sohn Erich scheint sich nicht an die Regeln zu halten. Man weiß das es sie gibt, aber ist nicht in der Lage sie einzuhalten. Die Übertritte werden wahrgenommen, hingenommen, schmerzhaft toleriert, die Möglichkeit der Korrektur scheint in weiter Ferne. Mit dem Erscheinen Lenas in Helens Leben wird eine jahrzehntelange, im wahrsten Sinne -betonierte- Regel zwischen den beiden deutsch-deutschen Schwestern gekippt. Die Wiedervereinten stehen erschrocken und verletzt auf unbekanntem Gebiet. Einer Art emotionaler Wüste, in der beide nicht wissen, wie sie agieren sollen, da die Regeln fehlen. Es gibt für diese Situation keine Referenz, - sie haben sie nicht „erproben“ können. Beide Schwestern versuchen sich an Dinge und Forderungen zu klammern, suchen nach Halt in dem nächsten möglichen Schritt und werden doch von dem nun immer bewussterem Verlust ihres ungelebten ersehnten und idealisierten Lebens umgerissen. Jede bisherige Regel oder Ordnung in ihrer gemeinsamen Beziehung, - aber auch darüber hinaus -wird in Frage gestellt, angeklagt, aufgebrochen, revidiert und neue werden eingefordert. Jeder will, brauch, muß - jetzt! Auch Lenas Tochter Katja weigert sich, alte Beziehungsregeln zwischen Mutter und Tochter mit in ihr neues Leben zu nehmen. Denn jetzt, - mit dem Anbruch einer neuen Zeit, mit dem Abbruch der Mauer, die als Hindernis für alle fassbar war- scheint es plötzlich möglich, alles anders zu machen! Mit der Forderung nach dem neuen, ersehnten taucht das auf, was ist, was wahr. Jeder wird auf seine persönliche Geschichte zurückgeworfen. Jeder muß, bevor die Karten neu gemischt werden, seine ansehen und erfahren, welche er im Leben des anderen spielt. Aber nicht alle spielen mit
(…)

In meiner Auseinandersetzung mit 'rübergemacht ist mir das Vorwort von Lew Kopelew in Anne Dorns im Forum Verlag veröffentlichen Buch „hüben und drüben“ - und seinen Hinweis auf Anton Tschechov als einen ihrer möglichen Lehrmeister wieder eingefallen. Denn auch wenn die Protagonisten in 'rübergemacht sich vieles vom Herz sprechen und sich leidenschaftlich konfrontieren, bleiben zwischen den Zeilen Abgründe der Verletzung und tiefe Ohnmacht bestehen, bleiben sie dem übermächtigen Eingriff in ihre Leben und dem Eintreffen einer neuen Zeit erlegen. Und wie im „Kirschgarten“ gibt es am Ende des Stückes ein Opfer, einen Mensch, der dem Aufruf des Neuanfangs nicht mehr folgen kann...


Bettina Dorn, Schauspielerin in Film und Fernsehen sowie auf verschiedenen In- und Ausländischen Bühnen, zählt zu ihren wichtigsten Lehrern den argentinischen Regisseur Augusto Fernandes, der von 1989 -1999 ihr Lehrer und Coach war und in dessen Inszenierungen sie am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und in verschiedenen Theatern in Buenos Aires als Schauspielerin bzw. Regieassistentin mitgewirkt hat. Von 1996 - 1999 unterrichtete sie an seinem Estudio de Teatro in Buenos Aires Schauspiel und leitete dort die Abteilung Kinder und Jugendliche.

Weitere Seminare (Auswahl)
Robert Lewis (Institut European de l'Actor, Paris); Anna Strasberg (Teatro Cervantes, Buenos Aires) Mark Travis (Filmfarm Kotla, Polen);
Seit 1999 leitet sie Schauspielseminare in Köln.

Regie
2003 Regie von 'Mondzeit', Kurzfilm von Bettina Dorn
1999 Regie von 'Las Furias y las Penas' im 'Estudio de Teatro de Augusto Fernandes' in Buenos Aires.
Regieassistenzen bei Augusto Fernandes in den Stücken
· 1995 "La Gaviota" (Die Möwe) von A. Cechov im Teatro San Martin in Buenos Aires
· 1995 "El Relampago" (Der Weg nach Damaskus von A. Strindberg) im Teatro Cervantes Buenos Aires
· 1994 "Madera de Reyes" (Königsblut nach: "Die Kronprätendenten" von H. Ibsen im Teatro San Martin in Buenos Aires
1996- 1999 Dozentin und Leiterin für den Bereich Kinder und Jugendliche an der Schauspielschule von Augusto Fernandes in Buenos Aires.
Seit 1999 Dozentin und Coach für Schauspiel in Köln
seit 2002 gemeinsame Unterrichtstätigkeit mit dem Dozenten und Coach Christoph Hilger

Engagements der letzten Jahre:

Theater
2004 Kellertheater Innsbruck Die Frau vom Meer von Henrik Ibsen, Rolle "Elida Wangel - die Frau vom Meer" Regie Susanne Altweger
2002 Kellertheater Innsbruck Bash von Neill Labute,Rolle "Medea Redux Regie Susanne Altweger
1999 Schaubühne am Lehniner Platz Berlin 9x9 - Performance mit Tänzern und Schauspielern Regie Christine de Smedt

Fernsehen
2002 'Die Sitte -Stiller Schrei'- Episodenrolle, Regie Florian Froschmeier
1999 'SK- Kölsch' Episodenrolle Regie Wilhelm Engelhardt

Kurzfilm
2002 'Greenhorn' Regie Michael Kreuz
2001 'Über die Handhabung besonderer Fähigkeiten' Regie Zarah Ziadi
2001 'Taxi nach CCAA' MMC Studios Regie Bettina Lauding
2001 'Backstage Bistro' R. Uli Schmissat

Engagements und Projekte für 2005
Theater/Regie: Inszenierung des Theaterstückes 'rübergemacht
Film: 'Drachenfeder - Der Film', Rolle "Jadis", Regie Markus Rupprecht
Drehbucherstellung für den Spielfilm 'Seifenblasen'

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